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Direkt aus dem Kirchengemeinderat 1951

Erstaunlich ist es schon, dass so kurz nach dem Krieg die Kirchengemeinde eine Aufgabe schultern will, die auch heute noch manchen Ort in die Knie zwingen würde. Das Ringen um die Kirchenrenovierung ist in den Protokollbüchern des KGR ab 1948 durch Pfarrer Schüz festgehalten. Petra und Andreas Maier, der Sütterlinschrift mächtig, haben sie in wesentlichen Teilen durchgearbeitet und damit ein höchst spannendes Zeitdokument zugänglich gemacht. Die Zusammenstellung von Zitaten soll zeigen, wie „unter lebhafter Beteiligung des Kollegiums“ der Aufgabe zu Leibe gerückt wurde.

26.11.50: „Es wurden u.a. folgende Fragen verhandelt: 1. Soll die Fortsetzung der Kirchenerneuerung jetzt oder erst später erwogen werden? Die Stimmung des KGR ist nicht einheitlich.“ Architekt Behr wird mit einem Gutachten zur Teilerneuerung des Kirchenschiffes beauftragt.

24.1.51: Besichtigungsfahrt: „In einigen Kirchen der Umgebung soll die günstigste Form der Bänke ermittelt werden.“ Ein wahrhaft wichtiges Thema, denn Generationen von Konfirmandinnen und Konfirmanden hatten ihre Eintragungen auf den Bänken hinterlassen und man saß schon arg schlecht drauf, meint Leni Würth. Die Eninger Lattenbänke standen in Konkurrenz zu den Dettinger Bänken, aber...

07.02.51: „über die weiteren Pläne und Möglichkeiten gehen die Ansichten weit auseinander.“

13.2.51: Nun rücken die Finanzen mit ins Entscheidungsfeld. „Architekt Behr um Auskunft zu bitten, ob mit 20 – 25000 DM ... die Kirchenerneuerung in irgend einem Teil vorangetrieben werden könne. Es ist fraglos da und dort der große Wille zum Bauen vorhanden.“

03.04.51: Architekt Behr setzt mindestens 30000 DM an, damit die Westempore gebaut werden kann. „Der KGR bespricht sich über die Möglichkeiten der Geldbeschaffung.“ Höchst ehrenhaft natürlich und der Beschluss soll erst gefasst werden, wenn die 30000 DM sicher sind.

16.10.51: Ein halbes Jahr später: „Aus der Mitte des KGR war angeregt worden, heute das Thema Kirchenerneuerung gründlich zu besprechen und zu einem gewissen Ziel zu führen.“ Dabei ging es vor allem um die Verwendung des vorhandenen Holzes für die neuen Bänke und die Empore.

23.10.51: Nach nur einer Woche : In der Fortsetzung der Aussprache sind nun schon 35000 DM im Gespräch. „Es wird auch ein Männerabend festgesetzt, an dem die Lage erklärt und bezüglich einer Sammlung genaues ausgemacht werden soll.“ Die Frauen wussten vielleicht schon Bescheid.

10.11.51: Der Leidensdruck für eine Lösung wird größer und mit ihm auch die Einigkeit.
„Was den Termin betrifft, so hieß es einstimmig: „Je bälder, desto besser, ja nicht erst im Sommer.““ In der Winterzeit standen auch „billige und willige Helfer“ zur Verfügung. Allerdings ist der KGR schon bei der Bausumme 50000 DM angekommen. Dieser Betrag schien finanzierbar.

21.11.51: Nun wurden Beschlüsse gefasst:
„1. Im Unterschied zur ursprünglichen Planung wird die Orgel im Chor verbleiben. Die Planung der Westemporen kann praktischer gestaltet werden.“ Das war schon mal ein ganz zentraler Beschluss, wobei die Orgelempore auch noch wegfiel. An den neuen Seitengängen sollte es Wandvertäfelungen mit Notsitzen geben. „4. Aus praktischen und kultischen Gründen wird dem Antrag des Architekten stattgegeben, den Altar in den Chorraum zurückzustellen. Es wird dann aller Wert darauf zu legen sein, dass die Orgel einen möglichst geringen Raum einnimmt, damit Kirchenchor und Posaunenchor gleichzeitig hinter dem Altar Platz haben.“ Was die kultischen Gründe waren und warum die Orgel so in den Hintergrund treten soll, ist aus den Ergebnisprotokollen leider nicht zu erfahren. Neben manchem Organisatorischen, was die Handwerker wie den Schreinermeister Flaig betraf, wurde am Ende dieser beschlussreichen Sitzung noch eine wesentliche Frage, die der Aufnahmefähigkeit angeschnitten. „...wird hinsichtlich der Sitzplatzzahl festgestellt, dass nunmehr mit 651 festen und ca. 127 Notsitzen zu rechnen ist, also mit ca. 778 Plätzen. Vergleichsweise wird die Zahl der Kirchenbesucher am Karfreitag 1948 herangezogen: Sie betrug 670 Personen.“
Die Kirchengemeinde hat es sich wahrlich nicht leicht gemacht, dem Kirchenraum eine neue Prägung zu geben. Und sie hat lange überdauert, über 50 Jahre. Für den Karfreitag ist sie momentan leider zu groß.

Übertragung aus den Protokollen: Petra Maier
Zusammenstellung: Wolfgang Hintz