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20211208
08.12.2021
08.12.2021:
Guter Hoffnung sein − Adventsandacht vom 8. Dezember 2021
Mutmachgeschichten von Frauen habe ich mitgebracht: von einer jungen Frau, die heute lebt und zwei biblische Adventsfrauen von Maria und Elisabeth, einer jungen und einer alten Frau.
Über die junge Frau habe ich in der Stuttgarter Zeitung am Montag, 29. November gelesen. Dort wird berichtet: Schon der 1. Schuss traf. Im aktuellen Sportstudio am Samstag vor dem 1. Advent versenkte Elena Semechin beim Torwandschießen gleich den 1. Schuss. Sie hüpfte immer wieder hoch vor Freude und hörte gar nicht mehr auf zu klatschen. Dieses Jahr ist sie Paralympics−Siegerin im Schwimmen über 100m Brust geworden in Japan. Weltmeisterin über diese Strecke wurde sie 2013 und 2019. Eine starke Frau, die immer wieder neu die Spielräume sucht und findet, wenn ihr Leben eingeengt ist.
Und nun über 2000 Jahre zurück: Eine junge Frau, Maria − überraschend schwanger geworden − besucht ihre alte Verwandte Elisabeth. Elisabeth erwartet im hohen Alter doch noch ein Kind. Als die beiden sich begrü,ßen, bewegt sich freudig im Bauch der Elisabeth der kleine ungeborene Johannes. Da sagt Elisabeth: es steht in Lk 1, 43−56: „Wie komme ich zu der Ehre, dass die Mutter meines Herrn mich besucht? Sieh doch: Als ich deinen Gruß hörte, sprang das Kind vor Freude in meinem Bauch. Glückselig bist du! Denn du hast geglaubt, dass in Erfüllung geht, was dir der Herr versprochen hat.“ Da sagte Maria: „Ich lobe den Herrn aus tiefstem Herzen. Alles in mir jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter. Denn er wendet sich mir zu, obwohl ich nur seine unbedeutende Dienerin bin. Sieh doch: Von jetzt an werden mich alle Generationen glückselig preisen. Denn Gott, der mächtig ist, handelt wunderbar an mir. Sein Name ist heilig. Er ist barmherzig zu denen, die ihn ehren und ihm vertrauen − von Generation zu Generation. Er hebt seinen starken Arm und fegt die Überheblichen hinweg. Er stürzt die Machthaber vom Thron und hebt die Unbedeutenden empor. Er füllt den Hungernden die Hände mit guten Gaben und schickt die Reichen mit leeren Händen fort. Er erinnert sich an seine Barmherzigkeit und kommt seinem Diener Israel zu Hilfe. So hat er es unseren Vätern versprochen: Abraham und seinen Nachkommen für alle Zeiten!“ Maria blieb etwa drei Monate bei Elisabet. Dann kehrte sie nach Hause zurück.
Drei jubelnde Frauen. Drei Menschen, die es nicht leicht im Leben haben. Elena Semechin verfügt nur über 2% Sehkraft. Mit 11 Jahren war sie 2005 mit ihren Eltern aus Kasachstan nach Deutschland gekommen. Da war sie schon 4 Jahre krank. Ein Jahr später wechselte sie die Schule. Dann ging sie in ein Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte. Dort lernte sie erst schwimmen und hat dann diese tollen Erfolge erreicht. Aber auf schöne Höhepunkte folgen Tiefpunkte. Wenige Wochen nach dem Gewinn der Goldmedaille noch unter ihrem damaligen Namen Elena Krawzow folgte die Diagnose Gehirntumor.
Elena erzählt: „Was für ein Jahr: Endlich bin ich Paralympics−Siegerin geworden, endlich habe ich meinen Traummann geheiratet, zum Glück wurde mein Gehirntumor erfolgreich entfernt, und nun kam auch noch die Krönung, dass ich zur Para−Sportlerin des Jahres gewählt worden bin.“:
Aber dann erhält sie die Nachricht, dass sie nun doch noch zur Bestrahlung und Chemotherapie muss und das schon wieder begonnene Training wieder beenden. Der nächste Tiefschlag.
Ob Elena Semechin Christin ist. Ob ihre Lebenshaltung von einem Glauben geprägt ist, weiß ich nicht. Aber sie ist mit dem, was ich über sie gelesen haben, für mich ein Adventsmensch.
Guter Hoffnung sein. Das ist eine Grundbewegung des Advents. Maria und Elisabeth sind beide guter Hoffnung. Erwarten ein Kind. Elisabeths Sohn ist Johannes der Täufer. Marias Sohn ist Jesus, der Christus, der Heiland. Mit dem Kind, das in Maria heranwächst, verbinden sich unzählige Hoffnungen − schon damals im jüdischen Volk. Und Jesus wird − für die Menschen aller Zeiten − eine Leuchtspur der Hoffnung sein. Deshalb gehen wir auch in den dunklen Zeiten dieses Advents − geprägt weiter durch die Coronapandemie, aber auch durch Krankheit, Hungersnöten und Krieg in vielen Ländern, Umweltkatastrophen und andere Schreckensereignisse, aber dennoch gehen wir hoffnungsvoll dem Licht der Weihnacht entgegen.
Auch Elena Semechin ist guter Hoffnung. Obwohl der Gehirntumor nicht vollständig entfernt werden konnte und sie weitere Therapien braucht. Im Zeitungsartikel am Montag, 29. November wird sie abschließend so zitiert: „Die Krebszellen wissen noch gar nicht, mit wem sie sich da angelegen. Denen werde ich zeigen, zu was ich fähig bin.“
Elena, Elisabet und Maria und wie sie sonst noch heißen, sind Mädchen und Frauen, Jungen und Männer −Adventsmenschen damals und heute.
Sie leben aus einer Kraft heraus, die sie nicht nur selber sind, sondern die ihnen Tag für Tag neu von Gott geschenkt bekommen. Guter Hoffnung sein wie sie − lassen wir uns davon anstecken und uns freuen. Ja, Gott kommt.
Pfarrerin Ursula Ullmann-Rau