Evangelische
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Köngen
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20220116
16.01.2022
Gottes Geistkraft macht stark und mutig. Predigt vom Sonntag, 16. Januar 2022
Gottes Geistkraft macht stark und mutig − diese Erfahrung des Apostels Pauls gibt Zuversicht auch in diesem Jahr.
„Wenn du stolperst und hinfällst, gibt es nur Eines: aufstehen, Krone richten, weitergehen.“
Was hier wie eine Schule für angehende Königinnen daherkommt, liebe Gemeinde, ist ein humorvoller Tipp aus der Lebensratgeber−Abteilung.
„Wenn du stolperst und hinfällst, gibt es nur Eines: aufstehen, Krone richten, weitergehen.“
Findest du den Spruch lustig oder einfach nur platt? Finden Sie, dass so ein Spruch doch nichts im Gottesdienst verloren hat oder schmunzeln sie einfach nur bei der Vorstellung? Es hat eine gewisse Komik sich vorzustellen: eine Person, die eine Krone trägt, fällt hin.
Klar, dann sitzt die Krone schief oder ist gar heruntergefallen: aufstehen und Krone wieder richten, muss dann sein. Und: Es hat eine gewisse Würde, wenn es gelassen getan wird.
Obwohl wir uns nie vornehmen hinzufallen, einen Auftritt zu vergeigen, bei etwas zu scheitern, passiert es einfach. Wie können wir damit umgehen? Paulus hat seine Umgangsweise gefunden. Davon schreibt er in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Korinth. Dort hat Paulus von Jesus gepredigt. Jetzt ist Paulus fern von Korinth, aber erinnert die Gemeinde an die gemeinsame Zeit:
Der heutige Predigttext steht in 1. Korinther 2:
„Brüder und Schwestern, als ich zu euch kam und euch Gottes verborgenen Plan zur Rettung der Menschen verkündete, habe ich euch doch nicht mit tiefsinniger Weisheit und geschliffener Redekunst zu beeindrucken versucht. Ich hatte mir vorgenommen, unter euch nichts anderes zu kennen als Jesus Christus, und zwar Jesus Christus, den Gekreuzigten. Als schwacher Mensch trat ich vor euch und zitterte innerlich vor Angst. Mein Wort und meine Botschaft wirkten nicht durch Tiefsinn und Überredungskunst, sondern weil Gottes Geist sich darin mächtig erwies. Euer Glaube sollte sich nicht auf Menschenweisheit gründen, sondern auf die Kraft Gottes.“
Vor anderen stehen mit schwachen Knien; vor anderen etwas sagen − innerlich vor Angst zitternd − Viele kennen das, die einen Vortrag, eine Präsentation, eine Rede halten dürfen oder müssen. Oft saß ich als junge Pfarrerin lange vor einem leeren Blatt. Schon das Schreiben fiel mit schwer. Und dann noch vorne stehen und reden. Mit den Jahren ist es deutlich besser geworden. Ich kann Paulus gut verstehen. Wenn Paulus an seine Zeit in Korinth denkt, fallen ihm diese Stichworte ein: Schwäche, Furcht und großes Bangen. Paulus war kein glänzender Redner.
In einem anderen Brief erzählt er, was die Leute über ihn sagen: Seine Briefe sind kraftvoll; aber wenn er persönlich bei uns ist, macht er eine erbärmliche Figur. (nach 2 Kor 10,10 GN)
Offensichtlich geht es Paulus wie vielen Menschen: schriftlich kann er sich besser ausdrücken als mündlich. Viele Schülerinnen und Schüler werden das kennen. Wer sich nicht so oft meldet, wird schnell unterschätzt, obwohl sie oder er schriftlich gute Leistungen bringen.
Paulus war in einer schwierigen Situation in Korinth. Paulus will alle Jüdinnen und Juden überzeugen: Jesus aus Nazareth, der gekreuzigte Verbrecher ist der von Gott geschickte Retter: Jesus ist der Christus. Dummheit, meinen viele. Gotteslästerung, sagen andere.
Sie schleppen Paulus sogar vor den römischen Statthalter der Provinz, um ihn verurteilen zu lassen. Der jedoch weigert sich. Paulus kam sozusagen mit einem blauen Auge davon. Was soll er nun tun?
Sein ursprünglicher Plan war gescheitert. Nun also: „Wenn du stolperst und hinfällst, gibt es nur Eines: aufstehen, Krone richten, weitergehen.“
Paulus wendet sich an jüdischen Menschen, die etwas mit dem gekreuzigten Messias anfangen können. Viele von ihnen trugen römische Namen, und zwar Sklavennamen: Krispus, der Krauskopf; Aquila, der Adler; Priscilla, die nach der alten Art. Die römischen Herren gaben ihren Sklavinnen und Sklaven Spitznamen. Auch das gibt es heute noch. Und manche leiden unter den Spitznamen, die andere ihnen geben wegen ihres Aussehens oder einer Eigenart.
Die Sklavinnen und Sklaven hören die Botschaft vom gekreuzigten Messias ganz anders. Denn: Sie sind die, die ganz unten sind im römischen Herrschaftssystem. Wenige Mächtige unterdrückten viele andere brutal. Krispus, Aquila und Priscilla wissen genau, wie es ist: Man wird ausgebeutet, misshandelt und kann sogar gekreuzigt werden.
„Gott hat sich gerade euch zugewendet.“ verkündet ihnen Paulus.
Vergesst die Einteilung der Mächtigen in Oben und Unten. In dem gekreuzigten Messias hat sich Gott ganz auf eure Seite gestellt. Erinnert euch auch an das Wort des Psalmbeters: mit Ehre und Herrlichkeit hat Gott euch gekrönt.
Das kann Menschen helfen. In ihrer neuen Gemeinschaft gibt es kein Oben und Unten mehr. Reichtum oder Ansehen gelten hier nicht. In der christlichen Gemeinde können alle ihre Gaben einbringen. Sie freuen sich gemeinsam und trauern gemeinsam. Den Gekreuzigten zu bekennen heißt, mit allen Leidenden solidarisch zu sein. Das macht Menschen stark damals in Korinth − heute in Köngen − und überall auf der Welt.
Trotzdem geht vieles schief. Immer wieder schaffe ich eine Aufgabe nicht so, wie ich es gerne möchte. Es gelingt mir auch heute oft nicht, Menschen unseren Glauben und das Vertrauen in Gott verstehbar zu vermitteln.
Wie kann ich dann weitermachen − obwohl mir oft Missverständnis entgegen gebracht wird.
In unserem Predigttext erzählt Paulus, was ihm geholfen hat: Die Erfahrung von Geist und Kraft.
Gottes Geistkraft machte Paulus stark.
Wir können es in Apg 18 nachlesen: Nachts sagte der Herr zu Paulus durch eine Vision: „Hab keine Angst, sondern verkünde unbeirrt die Gute Nachricht! Ich bin bei dir!“
Dieser Traum gab Paulus Kraft. Bestimmt hatte Paulus noch mehr solche Erfahrungen. Aber an diesem Traum macht Paulus sich fest. Paulus gibt nicht auf zu predigen. Er traut sich anderen von diesem Traum zu erzählen. Auch jetzt können seine Gegner wieder sagen: „Eine Stimme im Traum, was für eine Dummheit! Wer hört denn auf so was?“ Das ist ja wieder keine glänzende Rede, keine logische Argumentation, keine Weisheit nach philosophischem Maßstab. Aber Paulus kann dazu stehen. „Gottes Geist gibt mir Kraft“, sagt er dazu.
Gibt es auch bei uns Erfahrungen von Gottes Geist? Es ist ganz schön schwer, davon zu sprechen. Solche Erfahrungen handeln ja auch von Unsicherheit, Angst und Scheitern. Etwas war schmerzlich für mich und doch war es gut. Ich habe es später als Fingerzeig Gottes verstanden.
Vor über 10 Jahren bei einem einfachen Spiel bei einer Jugendmitarbeiterfreizeit Anfang Juli bin ich gestürzt und habe mir den Arm gebrochen. Wie peinlich, durch so einen Unfall auszufallen.
So vieles war noch zu tun bis zu den Sommerferien. Aber ich war jetzt einfach wochenlang krank. „Wenn du stolperst und hinfällst, gibt es nur Eines: aufstehen, Krone richten, weitergehen.„
Mühsam war es. Geduld nötig wie jetzt in der Pandemie. In Nachhinein kann ich darüber schmunzeln. Die Welt geht nicht unter, wenn ich einmal fehle. Gottes Geist gibt mir Kraft in solchen Zeiten.
Gibt es eine Erfahrung, die Sie, die Du, gemacht hast? Wo Sie und Ihr sagen würdet: Da hat sich mir Gottes Geistkraft gezeigt?
Sie kann sich ja auf viel Arten zeigen: Im Traum oder als ein Wort wir für mich bestimmt in einer Predigt oder einem Text. In der Gemeinschaft einer Gruppe, die einen auffängt. Im Gespräch mit einem Menschen, die oder der mich einfach aushält mit meiner Angst. Oder sogar in einem oberflächlich wirkenden Ratgeberspruch.
Es macht der Geistkraft nichts aus, sich auch darin zu zeigen. Einige Verse später schreibt Paulus:
„Denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.“ (1. Kor 2,10 b Luther 2017)
Wahrscheinlich können wir die Tiefen Gottes überhaupt nur verstehen, wenn die heilige Geistkraft uns hilft.
Denken wir zurück: Wir kommen von Weihnachten her, wo Gott als neugeborenes Kind in der Krippe lag. Jetzt hören wir von ihm als gekreuzigtem Messias. Krippe und Kreuz, beide stehen nicht für Stärke, sondern eher für Schwäche. Gott wählt diesen besonderen Weg über Krippe und Kreuz, um uns Menschen ganz nahe zu kommen. Aber die Schwäche ist kein Selbstzweck. Gott will uns Menschen Kraft geben, um in dieser Welt mutig, froh und solidarisch zu leben. Deshalb hat er das Kreuz überwunden durch die Auferstehung. Krippe und Kreuz sind die sichtbaren Zeichen unseres Glaubens.
Aber dann gibt es noch die sehr wichtige unsichtbare Kraft, von der Paulus hier redet: Gottes Geistkraft − strecken wir uns aus nach ihr und bitten Gott, dass es uns durch Gottes Geistkraft immer wieder gelingt aufzustehen und weiterzugehen.
Ihre/Deine Pfarrerin Ursula Ullmann−Rau